Auto-Abos – die Zukunft individueller Mobilität?

Abos sind in unserem Leben selbstverständlich – von Netflix über Audible bis hin zu Spotify. Bei Film und Musik sind Abo-Angebote längst im Alltag angekommen. Doch wie steht es um die individuelle Mobilität? Wird das Autofahren durch die neu auf den Markt drängenden Auto-Abos bald so einfach und bequem wie Netflix?

Carsharing, Ridesharing, kostenloser ÖPNV – wie sieht die Mobilität der Zukunft aus? Während sich Experten mit Fragen zu diesen drei Mobilitätskonzepten beschäftigen, ist im Windschatten das Auto-Abo als Alternative mehr und mehr gewachsen. Angefangen mit dem Unternehmen Fair in den USA, schwappte der Trend auch nach Europa. OEMs und Start-ups haben dieses neue Geschäftsmodell für sich entdeckt. Das ist nicht verwunderlich, schließlich bietet das Auto-Abo aus Kundensicht einige Vorteile. Im Prinzip ist es nichts anderes als eine Flatrate fürs Auto, sozusagen das Netflix für individuelle Mobilität.

Das Auto-Abo ist vergleichbar mit einem All-inclusive-Paket: Alle Nebenkosten, wie Versicherung, Kfz-Steuer, Wartung, TÜV und Reifenwechsel, sind bereits im monatlichen Abo-Preis enthalten. Je nach Anbieter, hat der Kunde die Wahl zwischen einem Neuwagen oder einem Gebrauchtfahrzeug und muss lediglich den Sprit bzw. bei Elektrofahrzeugen den Strom bezahlen. Im Gegensatz zu Carsharing ist das Auto-Abo nicht für eine kurzfristige Nutzung ausgelegt, die sich nach der Verfügbarkeit richtet – und ebenso wenig auf mehrere Jahre, wie es beim Autoleasing der Fall ist. Im Durchschnitt läuft ein Auto-Abo ein bis sechs Monate. Das bietet den Kunden zudem den Vorteil, verschiedene Modelle auszuprobieren und sich dadurch beispielsweise an ein Elektrofahrzeug „heranzutasten“. Mobilität wird durch das Auto-Abo denkbar einfach, denn die Kostentransparenz und die flexiblen Laufzeiten sowie die kurzen Kündigungsfristen überzeugen immer mehr Kunden von diesem Konzept. Anbieter gibt es in unterschiedlichen Branchen: Von Fahrzeugherstellern über Autovermieter bis hin zu Start-ups.

Im Folgenden möchte ich zwei Fragen näher beleuchten, die sich im Zusammenhang mit Auto-Abos stellen:

  1. Welches Marktpotenzial hat dieses Konzept?
  2. Was sind die Erfolgsfaktoren für das Geschäftsmodell?

Um die erste Frage zu beantworten, werfen wir einen Blick auf die Studie „Das Marktpotenzial von Car-Abos“ des CAR-Center Automotive Research. Der Leiter der Studie, Professor Dr. Ferdinand Dudenhöffer, arbeitete hierfür mit IBM und der Fleetpool Group, die sich dem Thema Auto-Abo widmen, zusammen. Die Ergebnisse sind eindeutig: 21 Prozent der Befragten könnten sich in Zukunft vorstellen, ein Auto-Abo-Angebot zu nutzen. Als Gründe dafür wurden unter anderem ungeplante Reparaturkosten, Werkstattaufenthalte, Kapitalbildung und Wertverlust genannt. In diesen Fällen bietet ein Auto-Abo entscheidende Vorteile.

Nutzung ohne Risiko

Das Interesse an Fahrzeug-Eigentum sinkt. Das eigene Auto gilt gerade in den jungen Generationen nicht mehr als Must-have-Statussymbol, sondern eher als hoher Kostenfaktor. Die Studie zeigt eindeutig, dass sich das Auto-Abo wachsender Beliebtheit erfreut, denn Menschen wollen ein Auto nutzen, ohne dabei ein großes Kostenrisiko oder langfristige Verpflichtungen einzugehen. Das spricht deutlich für das Konzept der Auto-Abos. Für deren Erfolg ist aber auch die Kundenzufriedenheit und damit die Loyalitätsrate entscheidend. Nur, wenn die Kunden zufrieden sind und dem Angebot treu bleiben, ist das Geschäftsmodell nachhaltig erfolgreich. Gemäß der Studie sind für den Kunden folgende Faktoren wichtig:

  • Unkomplizierte und schnelle Abwicklung
  • kurze Vertragslaufzeiten
  • keine Risiken
  • All-inclusive-Rate
  • alle Leistungen aus einer Hand – von Buchung bis Rückgabe
  • ein wettbewerbsfähiger Preis

Diese Aspekte fasse ich unter dem Begriff Convenience Quote zusammen. Ausschlaggebend für die Kunden ist abgesehen vom Preis, dass die gesamte Customer Journey in einer Hand liegt. In allen Phasen des Abos – von Buchung über einen Schadensfall bis hin zur Rückgabe – wünscht sich der Kunde einen festen Ansprechpartner.

Das Geschäftsmodell Auto-Abo

Bleibt die Frage nach dem dahinterliegenden Geschäftsmodell, um für den Kunden ein attraktives Pricing sicherstellen zu können. Bei der Möglichkeit der Preisgestaltung möchte ich zwei Varianten unterscheiden:

  • Angebote direkt vom Hersteller
  • Angebote von Nicht-Herstellern

Aufgrund der unterschiedlichen Möglichkeiten der Quer-Subventionierung des OEMs bzw. der Hersteller (Stichwort: Cost of Retail) konzentriere ich mich auf die Herleitung der Erfolgsfaktoren für Nicht-Hersteller. Dazu eine exemplarische Rechnung:


Aus den Gesamtkosten geteilt durch die Anzahl der Fahrzeuge, die in der Flotte sind, ergeben sich die Kosten pro Fahrzeug, die dem Kunden Minimum in Rechnung gestellt werden müssen, um kostendeckend zu arbeiten.

Ein Hersteller hat die Möglichkeit, viele der genannten Faktoren selbst zu bestimmen und zu optimieren z. B. den Bruttolistenpreis, die Skaleneffekte (Versicherung) oder die Diversifizierung (Refinanzierung). Der Markteintritt ist für Nicht-Hersteller, die darauf nur wenig Einfluss nehmen, schwierig, aber nicht unmöglich – wie erfolgreiche Player in den USA zeigen. Wesentlicher Stellhebel, um das Geschäftsmodell profitabel zu gestalten, ist die Optimierung:

  • … des Transactions Preises
  • … der SG&A Kosten
  • … der Refinanzierungskosten

Im Weiteren gehe ich auf die einzelnen drei Kategorien ein – immer aus der Perspektive eines von außen in den Markt dringenden Start-ups oder eines Nicht-Herstellers.

Die Optimierung des Transactions Preises

Um die Transactions Preise zu optimieren, lohnt es sich bei der Anschaffung der Fahrzeuge, auf Gebrauchtwagen zurückzugreifen, die nicht älter sind als ein Jahr – idealerweise Leasingrückläufer, Autos aus den Flotten von Rental Companies oder aus den Flotten der Hersteller. Über den Gebrauchtwagenmarkt zu gehen, hält die Anschaffungskosten niedrig und bringt so einen entscheidenden Vorteil mit sich. In den USA ist es üblich, dass die Anbieter Auktionen aufsuchen und dort die Fahrzeuge aufkaufen. In Deutschland gibt es derartige Auktionen nicht, weshalb es wichtig ist, regelmäßig den Gebrauchtwagenmarkt zu sondieren. Ein weiterer Aspekt zur Optimierung der Transactions Preise ist der Einbau von Telematik-Lösungen, die das Öffnen der Fahrzeuge via App ermöglichen. Dies reduziert die Handling-Kosten und erhöht die Flexibilität für den Kunden, insbesondere bei kürzeren Abos.

Die Optimierung der SG&A Kosten

Damit bestmöglich flexibel auf Angebote und Schwankungen reagiert werden kann, sollte alles, was keine Eigenleistung erfordert, fremd vergeben werden. Insbesondere Start-ups sind von vornherein mit diesem System vertraut und geübt darin, mit wenigen festen Mitarbeitern zu arbeiten. Durch die Fremdvergabe lassen sich die SG&A Kosten deutlich reduzieren und werden somit optimiert.

Die Optimierung der Refinanzierungskosten

Die Nutzung unterschiedlicher Instrumente zur Finanzierung spielt eine große Rolle bei der Optimierung der Refinanzierungskosten. Neben klassischen Bankkrediten, zählen beispielsweise Schuldscheine, Darlehen, Asset Backed Securities oder Crowdfunding zu den Möglichkeiten, die Kosten zu optimieren. Zu beachten gilt, dass mittels verschiedener Finanzierungsinstrumente der Fremdkapitalzins so weit wie möglich gesenkt wird, damit die Differenz zwischen dem Leasing-Zinssatz, den der Kunde aufgrund des Auto-Abos zahlt, und dem eigenen Fremdkapital-Zins maximiert wird. Sprich, der Gap zwischen dem, was den Finanziers gezahlt wird und dem, was der Kunde über den Leasing-Zinssatz zahlt, sollte optimiert werden. Um diesen Schritt zu gehen, muss zunächst eruiert werden, wie man sich günstig refinanzieren kann, schließlich wird der Leasing-Zinssatz auch ein Stück weit über den Markt geregelt. Liegt der eigene Zinssatz deutlich über dem des Marktes, lassen sich keine Kunden gewinnen.

Ein Auto-Abo-Anbieter hat zudem die Möglichkeit, geschickt mit Verfügbarkeit und Halteperioden zu spielen. Die Kunst besteht darin das Angebot so zu schneidern, dass die Kunden zufrieden und die Fahrzeuge ausreichend ausgelastet sind. Denn nur so können die Kosten beim Anbieter in einem angemessenen Verhältnis zum Angebot stehen.

Fazit: Das Auto-Abo hat Zukunftspotenzial

Das Konzept Auto-Abo hat hohes Zukunftspotenzial und wird sich über kurz oder lang als vierte Säule neben Barkauf, Finanzierung und Leasing auf dem Mobilitätsmarkt etablieren. Bereits jetzt erfährt das Auto-Abo einen großen Zuspruch und die Abschlüsse steigen stetig an. Das wiederum deutet daraufhin, dass das Modell zu einem Erfolgsfaktor der Automobilbranchen wird. Laut der weiter oben erwähnten Studie werden bis zum Jahr 2030 rund eine Million Neuwagen über Abos angeschafft.